Markt & Wettbewerb
Neues digitale Kaufrecht 2022
Neues digitale Kaufrecht ab 2022
Am 01.01.2022 treten tiefgreifende Änderungen im Kaufrecht in Kraft. Die Umsetzung der europäischen Warenkauf-Richtlinie und der Digitale-Inhalte-Richtlinie bedeutet eine der umfangreichsten Änderungen des BGB seit der Schuldrechtsreform von 2002. Der nachfolgende Artikel fasst die wesentlichen Änderungen für Sie zusammen:
1. Neuer Sachmangelbegriff
Eine Sache ist zukünftig nur dann frei von Sachmängeln, wenn sie mit den subjektiven UND objektiven Anforderungen sowie den Monateanforderungen übereinstimmt. Damit bedeutet der neue Sachmangelbegriff eine Abkehr vom subjektiven, vom Parteiwillen geprägten, Sachmangelbegriff. Eine Sache kann nun auch mangelhaft sein, wenn sie sämtlichen subjektiven Anforderungen, d.h. der zwischen den Parteien vereinbarten Beschaffenheit entspricht.
Um den objektiven Anforderungen zu entsprechen, muss die Sache sich für die gewöhnliche Verwendung eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Sachen derselben Art üblich ist und vom Käufer erwartet werden kann. Der Verkäufer wird zukünftig fortlaufend prüfen müssen, ob seine Produkte noch der üblichen Beschaffenheit entsprechen. Sofern dies nicht der Fall ist, muss eine negative Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der fehlenden Funktionen und Eigenschaften getroffen werden.
2. Aktualisierungspflicht bei Verbraucherverträgen
Für Sachen mit digitalen Elementen und für digitale Produkte trifft den Verkäufer (nicht: den Hersteller!) zukünftig eine Aktualisierungspflicht. Die Verpflichtung umfasst jedenfalls funktionserhaltende Aktualisierungen und Sicherheitsupdates. Die Dauer der Verpflichtung richtet sich nach den objektiven Verbrauchererwartungen. Dies kann zu einer Verlängerung der Gewährleistungsfrist führen. Maßgeblich sind die übliche Verwendungsdauer der Ware, der Kaufpreis, sowie Werbeaussagen des Verkäufers. Da der Verkäufer die Aktualisierungen in der Regel nicht selbst entwickelt, sondern hierbei auf den Hersteller angewiesen ist, muss der Verkäufer zukünftig Absprachen treffen, welche den Umfang sowie den Zeitraum von bereitzustellenden Aktualisierungen zwischen ihm und dem Hersteller regeln.
3. Änderungen im Verbrauchsgüterkaufrecht
Darüber hinaus treten die nachfolgenden Änderungen im Verbrauchsgüterkaufrecht in Kraft - unabhängig von der Art des Produkts:
a. Die Beweislastumkehr des § 477 BGB wird von 6 Monaten auf 1 Jahr verlängert
b. Zukünftig wird kein ausdrückliches Nacherfüllungsverlangen des Verbrauchers erforderlich sein, um eine angemessen Frist zur Nacherfüllung in Gang zu setzen. Ab Mitteilung des Mangels läuft eine fiktive Frist für den Verkäufer. Um das Recht auf Nacherfüllung ausüben zu können, ist die Organisation eines funktionalen Reklamationsprozesses wichtiger denn je.
c. Die Verjährungsfristen für Gewährleistungsansprüche betragen zwar auch zukünftig 2 Jahre ab Übergabe der Sache. Allerdings gilt im Rahmen von Verbrauchsgüterkäufen die Neuerung, dass Gewährleistungsansprüche nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach erstmaligem Auftreten des Mangels verjähren. Tritt der Mangel z.B. am letzten Tag der Gewährleistungsfrist erstmals zu Tage, muss der Verkäufer im Ergebnis gar 26 Monaten Gewährleistung auf sein Produkt bieten.
Die neuen Regelungen gelten für Verträge, die ab dem 01.01.2022 geschlossen werden. Hieraus ergibt sich konkreter Überarbeitungsbedarf von bisher verwendeten Vertragsmuster, Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Produktangeboten.