Vermögen & Kündigung
BAG: Herabwürdigung des Arbeitgebers während eines laufenden Verfahrens kann einen Auflösungsantrag rechtfertigen
BAG: Herabwürdigung des Arbeitgebers während eines laufenden Verfahrens kann einen Auflösungsantrag rechtfertigen
Tätigt ein Arbeitnehmer während eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens herabwürdigende Äußerungen über seinen Arbeitgeber, kann dies einen Auflösungsantrag des Arbeitgebers begründen, vgl. BAG, Urteil vom 24.08.2023 – Az.: 2 AZR 306/22.
In dem vorliegenden Fall hatte eine Rechtsanwältin gegen die durch ihren Arbeitgeber ausgesprochene außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung geklagt. Die Kündigung erfolgte, nachdem der Arbeitgeber der Anwältin mitgeteilt hatte, dass sie aufgrund ihres nachhaltig niedrigen Umsatzes keine Aussicht habe, in der Sozietät aufzusteigen. Die Kündigungen sind inzwischen beide rechtskräftig für unwirksam befunden worden. Bereits in der ersten Instanz hat die beklagte Sozietät jedoch einen Antrag auf gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gestellt. Begründet hat sie diesen mit dem Prozessvorbringen der Klägerin. Mit ihrem Vorbringen habe die Klägerin der Sozietät unterstellt, ihren Mandanten vorsätzlich überhöhte Stundenzahlen in erheblichem Umfang in Rechnung gestellt zu haben. Die Klägerin bestritt, dies behauptet zu haben, obwohl dieser Verdacht objektiv bestehe.
Bereits das LAG Berlin-Brandenburg als Vorinstanz hatte dem damit begründeten Auflösungsantrag der Sozietät stattgegeben. Das BAG hat die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in seinem jüngst veröffentlichten Urteil nun bestätigt. Es hat sich den Ausführungen der Vorinstanz angeschlossen, die Klägerin habe durch ihr Vorbringen „leichtfertig und ohne Bezug zur Bestandsstreitigkeit den nicht den Tatsachen entsprechenden Eindruck erweckt“, dass die Beklagte vorsätzlich überhöhte Stundenzahlen abgerechnet habe. Dies sei allein in der Absicht erfolgt, die Beklagte herabzuwürdigen, was einen Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses darstellt. Auf ihre grundrechtlich verbürgte Meinungsfreiheit könne sich die Klägerin dabei nicht berufen, da unwahre Tatsachenbehauptungen, von denen das BAG vorliegend ausging, nicht vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG umfasst sind.
Diese Entscheidung zeigt, dass es sich durchaus lohnen kann, auch den im Vergleich zu anderen Beendigungsmöglichkeiten eher unbekannteren Antrag auf gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Auge zu behalten, der auch in relativ weit fortgeschrittenen Verfahrensstadien noch gestellt werden kann. Damit kann das Arbeitsverhältnis gegen eine Abfindung trotz unwirksamer Kündigung beendet werden, wenn der antragstellenden Partei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.